Frauen-Basketball-Bundesliga: Spannung im Halbfinale

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Marek Piotrowski ist mit seiner Familie in jungen Jahren aus dem Heimatland Polen ausgereist. Dort hat die Sportart Basketball einen hohen Stellenwert und er selbst war Erstligaspieler. Er arbeitete zunächst als Trainer in Oberhausen, Schwelm, Dorsten und beim VfL Bochum, wo er mit den Damen auch im Europapokal antrat. 2001 übernahm er das Amt des Cheftrainers im Damenteam des Herner TC und führte das Team im Durchmarsch von der Landes- in die Bundesliga.
Der Aufstieg in die höchste deutsche Spielklasse gelang 2007. Danach folgten Auf- und Abstiege, der Verein war aufgrund der finanziellen Situation eine typische „Aufzugsmannschaft“: Zu gut für die zweite Liga und nicht optimal aufgestellt für die erste Liga. Im Spieljahr 2018/19 führte Piotrowski den HTC zum Gewinn des jeweils ersten deutschen Meistertitels und Pokalsieges der Vereinsgeschichte. Der 62-Jährige wurde als bester Bundesliga-Trainer der Saison 2018/19 ausgezeichnet.
Die Mannschaft des HTC ist amtierender deutscher Meister, da die letzte Saison aufgrund von Corona abgebrochen werden musste. In dieser Saison geht es nun erneut um die deutsche Meisterschaft. Heute stehen die Damen nach einem mit 59:60 knapp verloren gegangenen Hinspiel in Osnabrück um 18 Uhr in einer weiteren Halbfinalpartie unter den Körben. Der Trainer sieht die Chancen allerdings aufgrund des hohen Verletzungspechs seiner Spielerinnen eher schlecht, verrät der Coach im Interview mit Heidi Hagemann „Mein Herne“:

? Herr Piotrowski, was ist das Geheimnis des Erfolgs Ihrer HTC-Damen?
! Es ist wie so oft im Leistungssport sehr viel harte Trainingsarbeit und Disziplin. Aber natürlich spielt auch einfach die Freude an der Sportart eine große Rolle und es ist ein sehr gut funktionierendes Teamspiel. Die Spielerinnen sind extrem motiviert, es herrscht ein toller Zusammenhalt in der Mannschaft und eine familiäre Atmosphäre. Die Spielerinnen verstehen sich untereinander sehr gut und das macht natürlich auch viel aus. Wir sind auch dankbar über die treuen Sponsoren, die uns zum großen Teil auch jetzt in dieser Krise die Stange halten.

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? Welche Stellung hat der Damen-Basketball hierzulande und anderswo?
! Hier in Deutschland hat der Damen-Basketball leider ein eher schlechtes Standing, es ist noch eine Randsportart, was hingegen in Ländern wie Israel, Spanien, Italien oder den ehemaligen Ostblockstaaten schon ganz anders ist. Viele Menschen in Herne wissen gar nicht, dass es in ihrer Heimatstadt Erstliga-Sport gibt. Die Frauen haben also noch viel Arbeit vor sich, um ihre Sportart bekannt und beliebt zu machen.

? Wie sieht es mit Talenten und Nachwuchs aus den eigenen Reihen aus?
! Wir führen eine sehr intensive Talentsichtung durch und haben auch ein klares Konzept. Dies liegt auch an unserem hauptamtlichen Nachwuchs- und Jugend-
trainer Predrag Stanojcic, der uns seit dem letzten Jahr unterstützt. Er hat aus seinem Heimatland Serbien sehr gute Erfahrungen mitgebracht und zudem die höchste Trainerlizenz des Weltbasketballverbandes FIBA. So sind wir in der Lage, den Verein noch professioneller auszustellen. Normalerweise führen wir an den Schulen Basketball-AGs durch und sichten auf diese Weise die Talente. Das geht jetzt natürlich nicht und ist wirklich jammerschade, gerade für potentielle Nachwuchsspielerinnen, die nun schon seit einem Jahr zur Pause gezwungen werden.

? Welche Rolle spielt die Pandemie in Ihrem Verein und bei den Spielerinnen?
! Wir haben das Privileg, dass wir als Bundesligist trainieren und spielen dürfen, aber wir hangeln uns von Woche zu Woche und müssen die aktuellen Hygienestandards im Blick haben. Das ist ja auch sehr wichtig im Sinne aller unserer Gesundheit. Die ausländischen Spielerinnen trifft es besonders hart, sie sind alleine ohne ihre Familie hier in Deutschland, können aber kaum etwas unternehmen oder das Land kennen lernen. Und außer dem Training bleibt ihnen nicht viel. Da ist es natürlich besonders wichtig, auch psychologische Arbeit zu leisten und aufmunternde Worte zu finden. Die Ungewissheit macht uns allen zu schaffen, aber wir schauen guter Dinge in die Zukunft und hoffen einfach das Beste.

Bild: Ob Trainer Marek Piotrowski auch diesmal in Jubel ausbrechen darf? – Hier ein Bild von der Deutschen Meisterschaft 2018/2019.

 

Text/Interview: Heidi Hagemann

Fotos: Heinrich Podobierski, Michael Thommesen