Das Evangelische Krankenhaus Herne geht in seinem OP 5 mit leuchtendem Beispiel voran: Eine neue Fluoreszenztechnik macht Durchblutungsstörungen in Echtzeit schon während der Operation sichtbar – ganz ohne radioaktive Strahlung. Eine Innovation, die deutschlandweit bislang in nur wenigen Kliniken zum Einsatz kommt – und die für den Patienten von großem Nutzen ist.
Indocyaningrün (ICG) lautet das unaussprechliche Stichwort, hinter dem sich ein leuchtender Helfer im OP verbirgt. Im EvK Herne kommt er zum Beispiel im von der Deutschen Krebsgesellschaft zertifizierten Darmzentrum bei der Entfernung von Tumoren zum Einsatz, um das Risiko von Nahtbrüchen zu minimieren. „Nahtbrüche zählen zu den gefürchteten Komplikationen“, weiß Prof. Dr. Matthias Kemen, Ärztlicher Direktor des EvK Herne und Chefarzt der Viszeralchirurgie. Ursache dafür sei schlecht durchblutetes Gewebe. Und genau hier setzt die neue Technik an: Bislang musste der Operateur mit bloßem Auge die Gewebestrukturen erkennen und bewerten. Der Farbstoff ICG hilft ihm nun dabei, denn er lässt gutes Gewebe leuchten. Fast millimetergenau macht die Indocyaningrün-Messung in leuchtendem Grün (oder wahlweise Blau) sichtbar, wo der Darm wie gut durchblutet ist und wo der Operateur am besten seine Schnitte setzt.
Wird bei einem Patienten beispielsweise ein Tumor entfernt, bekommt er – kurz bevor die beiden Darmenden wieder miteinander verbunden werden – Indocyaningrün (ICG) in die Vene gespritzt. ICG ist eine ungefährliche Substanz, ein nicht-radioaktives Fluoreszenzmittel, das mit dem Blut in die Gefäßstrukturen transportiert wird. Nahinfrarotlicht bringt den Farbstoff in gut durchblutetem Gewebe zum Leuchten. Der Rest bleibt auf dem Monitor dunkel. Ist die Durchblutung im Gewebe nicht ausreichend, kann der Chirurg sofort reagieren und den Darm weiter kürzen und so das Risiko von Heilungsstörungen minimieren. Die Komplikationsrate, die mit 2,5 Prozent im EvK Herne ohnehin schon sehr gering ist, sinkt weiter. „Die ICG-Messung ist ein großes Plus an Sicherheit für die Patienten. Sie ist ein wertvolles Instrument in der Präzisionschirurgie und eine große Hilfe, wenn es darum geht, die besten Bedingungen für einen guten Heilungsverlauf zu schaffen“, sagt Prof. Dr. Kemen. Neben der Beurteilung der Durchblutung kann die ICG-Messung auch hilfreich bei Galleneingriffen sein, außerdem macht sie Leberkarzinome und -metastasen sowie das lymphatische System sichtbar.
Die ICG-Messung ist eine von vielen Neuerungen, mit der der aufgerüstete OP 5 im EvK Herne aufwartet. Dazu zählt auch ein neuer Endoskopieturm, dessen Spezialkamera hochauflösende Bilder in 4K-Qualität liefert: mit viermal mehr Bildpunkten und einer 64-fach besseren Auflösung als bisher. Anders als im heimischen Wohnzimmer bedeutet das im OP weitmehr als eine technische Spielerei. Denn bei einer Endoskopie kann der Operateur Unregelmäßigkeiten nur anhand von Farben und Strukturen erkennen. Je besser die Bilder sind, je mehr Details die Aufnahmen liefern, desto fehlerfreier, genauer und effizienter kann der Chirurg also operieren. „Die Bildqualität von 4K ist hervorragend, die Bilder haben sehr viel Tiefenschärfe“, sagt Prof. Dr. Kemen. Aufnahmen der Endoskopiekamera und kleine Videosequenzen können zur späteren Fallbesprechung zudem gespeichert werden. Und sogar die Live-Übertragung einer Operation in andere Räume ist möglich.
Im OP selbst geben nun drei große Monitore dem Operateur einen optimalen Überblick. Dort sind nicht nur die Bilder der Endoskopie-Kamera zu sehen, es lassen sich auch Patientendaten und -unterlagen wie Röntgenbilder einspielen.
Insgesamt eine Viertelmillion Euro hat das EvK Herne in die Ausstattung seines OPs der Zukunft investiert.